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Gut zu wissen
Warum hat die Polizei meine Angehörige verhaftet?
Die Polizei darf eine Person verhaften, wenn sie:
- auf frischer Tat bei der Begehung eines Verbrechens oder Vergehens erwischt oder unmittelbar nach der Begehung einer solchen Tat, z.B. auf der Flucht, angetroffen wurde.
- wenn sie, gestützt auf Ermittlungen oder andere zuverlässige Informationen, eines Verbrechens oder Vergehens verdächtigt wird.
- wenn sie zur Verhaftung ausgeschrieben ist.
Mein Angehöriger wurde verhaftet. Was passiert nun?
Die Polizei hat ab jetzt 24 Stunden Zeit, um Abklärungen zu treffen und den Tatverdacht und die weiteren Haftgründe zu erhärten. Es kann sein, dass nach 24 Stunden die Ermittlungen bereits eingestellt werden und Ihr Angehöriger freigelassen wird. Andernfalls wird er spätestens nach 24 Stunden der Staatsanwaltschaft für die weitere Hafteinvernahme übergeben. Diese hat dann ihrerseits 24 Stunden Zeit für weitere Abklärungen. Sind diese nicht zielführend, muss die Staatsanwaltschaft einen Antrag an das Zwangsmassnahmengericht ZMG auf Untersuchungshaft zwecks weiterer Ermittlungen stellen. Spätestens nach 48 Stunden muss schliesslich das Gericht sein Urteil fällen, ob Ihr Angehöriger freigelassen wird oder in Untersuchungshaft (U‑Haft) gebracht werden muss. Die Vorläufige Festnahme beträgt somit höchstens 96 Stunden.
Es kann aber auch sein, dass Ihr Angehöriger nach der Verhaftung einer Vollzugsanstalt zum Vollzug seiner bereits gerichtlich angeordneten Strafe (in der Schweiz gemeldete Personen) oder der Ausschaffungshaft (illegal anwesende Ausländer) zugeführt wird.
Meine Angehörige wurde verhaftet. Erfahre ich, in welchem Gefängnis sie ist?
Sofern Ihre Angehörige volljährig ist, dürfen Ihnen die Strafverfolgungsbehörden aus Datenschutzgründen keine Auskunft über ihren Verbleib geben. Wenn Ihre Angehörige Sie über ihren Verbleib informieren möchte, kann sie dies über ihren Anwalt oder ihre Anwältin tun.
Was bedeutet Untersuchungshaft (U‑Haft)?
Bei der Untersuchungshaft (U‑Haft) wird eine Person inhaftiert, obwohl noch nicht genau feststeht, was geschehen ist. Die U‑Haft hat also nicht den Zweck, jemanden zu bestrafen, sondern soll die Strafuntersuchung erleichtern. Sie kann angeordnet werden, wenn eine Person dringend einer Tat verdächtigt wird und zudem einer der folgenden Haftgründe vorliegt:
- Fluchtgefahr: Es ist – etwa wegen fehlenden Wohnsitzes in der Schweiz – wahrscheinlich, dass sich die Person durch Flucht dem Strafverfahren entzieht.
- Wiederholungsgefahr: Es ist anzunehmen, dass der Verhaftete, nachdem er bereits zahlreiche Verbrechen oder erhebliche Vergehen verübt hat, erneut solche Straftaten begeht.
- Verdunkelungsgefahr: Es besteht die konkrete Gefahr, dass der Beschuldigte Spuren oder Beweismittel beseitigt, Dritte zu falschen Aussagen verleitet oder die Ermittlungen auf andere Weise gefährdet.
- Ausführungsgefahr: Es muss ernsthaft befürchtet werden, dass der Beschuldigte ein geplantes Verbrechen ausführen könnte.
Wichtig: Während der Untersuchungshaft gilt die Unschuldsvermutung. Es kommt vor, dass Personen, die in Untersuchungshaft waren, später freigesprochen werden.
Wie lange dauert die U‑Haft?
Eine Maximaldauer der Untersuchungshaft gibt es in der Schweiz nicht. Die Untersuchungshaft ist aber zwingend zu befristen, in der Regel auf drei Monate. Vor Ablauf der Frist kann die Staatsanwaltschaft beim Zwangsmassnahmengericht Antrag auf Verlängerung stellen. Die Untersuchungshaft kann mehrmals verlängert werden. Es kommt vor, dass die U‑Haft mehr als ein halbes Jahr dauert, in Ausnahmefällen gar ein bis mehrere Jahre, insbesondere dann, wenn sich das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren in die Länge zieht oder wenn das Urteil mehrfach angefochten wird.
Wie sieht der Alltag in der U‑Haft aus?
In den Untersuchungsgefängnissen des Kantons Zürich besteht der Alltag von Inhaftierten im Wesentlichen aus 16–18 Stunden Zelleneinschluss und aus Tätigkeiten von 6–8 Stunden ausserhalb der Zelle, verteilt auf die Elemente Arbeitsbeschäftigung, Gruppenvollzug (z.B. auf dem Hof gemeinsam spazieren, sich mit Fitness und Spielen die Zeit vertreiben oder in den Korridoren und in Zellen von anderen Inhftierten verweilen und austauschen) sowie die Kontaktpflege durch Betreuende, Seelsorgende, den Sozialdienst, den Gesundheitsdienst, Anwälte und in beschränktem Umfang durch Besuche von Angehörigen.
Kann ich meinen Angehörigen im Gefängnis besuchen?
Ja. Das Gesetz sieht ausdrücklich vor, dass Inhaftierte Besuche von ausserhalb empfangen dürfen. Nur in Ausnahmefällen können solche Kontakte beschränkt oder untersagt werden, um die Ordnung und Sicherheit der Strafanstalt zu gewährleisten. Für jeden Besuch müssen Sie vorgängig ein schriftliches Gesuch bei der betreffenden Vollzugsanstalt oder – wenn Ihr Angehöriger in der U‑Haft ist – bei der Staatsanwaltschaft stellen. Wenn Ihr Besuch bewilligt wird, müssen Sie sich an die Besuchszeiten und die Besuchsbedingungen halten. Zudem ist vor jedem Besuch eine telefonische Voranmeldung im jeweiligen Gefängnis erforderlich. Aus Sicherheitsgründen ist der Besuch in U‑Haft selbst bei Familienangehörigen nur mit einer Trennscheibe möglich. Eigene Kinder, auch Säuglinge, dürfen von den Inhaftierten nicht in die Arme genommen werden. Beim Besuch müssen Sie sich mit einer gültigen Identitätskarte, einem Pass oder Ausländerausweis ausweisen. Detaillierte Infos zu den Besuchsregelungen erhalten Sie auf den Webseiten der jeweiligen Zürcher Gefängnisse.
Wie oft darf ich meine Angehörige im Gefängnis besuchen?
In der Regel haben Inhaftierte Anspruch auf einen Besuch von mindestens einer Stunde pro Woche, in der U‑Haft jedoch nur dann, wenn die Staatsanwaltschaft dies erlaubt. Die Anzahl der Besucherinnen und Besucher pro Besuch ist beschränkt.
Kann ich mit meiner Angehörigen im Gefängnis telefonieren?
In der U‑Haft nicht. Inhaftierte in U‑Haft verfügen über keine Kommunikationsmittel wie Handy oder Internet und können weder mit der Aussenwelt noch mit anderen Inhaftierten auf diese Weise kommunizieren. Befindet sich Ihre Angehörige in einer Vollzugsanstalt dürfen Sie mit ihr telefonieren. Jedoch haben die Inhaftierten auch hier kein eigenes Handy, sondern können die Telefonkabinen der Gefängnisse benützen, um Sie anzurufen.
Kann ich meinem Angehörigen einen Brief schreiben?
Ja. Sie müssen sich aber bewusst sein, dass Ihre Briefe kontrolliert werden. Passagen, die sich z.B. auf das hängige Verfahren beziehen, werden in der Regel zensuriert oder nicht weitergeleitet.
Darf ich meiner Angehörigen Geld oder Geschenke schicken?
In der Regel ja. Geben Sie das Geld entweder gegen Quittung im Gefängnis ab oder schicken Sie es per Post mit Zahlungsanweisungsformular auf den Namen Ihrer Angehörigen ins Gefängnis. Das Geld wird dem persönlichen Konto der Inhaftierten gutgeschrieben. Sie kann es im Rahmen der Gefängnisordnung verwenden, etwa um einen Fernseher zu mieten. Auch Geschenke dürfen Sie Ihrer Angehörigen schicken, soweit die Gefängnisordnung es erlaubt. Dabei sollten die Gegenstände im Paket ungeöffnet und originalverpackt sein – so wird sichergestellt, dass keine unerlaubten Gegenstände oder Substanzen «mitverschenkt» werden. Detaillierte Infos dazu erhalten Sie auf den Webseiten der jeweiligen Zürcher Gefängnisse.
Wer hilft mir bei finanziellen Problemen?
Wenn Sie aufgrund der Inhaftierung Ihres Angehörigen in eine finanzielle Notlage kommen, gibt es verschiedene Auffangnetze, staatliche wie etwa die Sozialhilfe oder solche von privaten Trägern, Kirchen und verschiedener Hilfswerke. Um zu klären, ob Sie die Voraussetzungen für eine Unterstützung erfüllen, braucht es eine Prüfung Ihrer finanziellen Situation. Melden Sie sich bei uns. Wie können Ihnen in dieser Frage weiterhelfen.
Wichtige Begriffe kurz erklärt
Auf Bewährung
Auf Bewährung heisst, dass die verurteilte Person nicht ins Gefängnis muss, sondern ihr alltägliches Leben wieder aufnehmen kann, allerdings unter gesonderten Massnahmen und Regelungen. Die Bewährung ist nur für Delikte möglich, die eine Freiheitsstrafe unter zwei Jahren umfassen. Dazu müssen angesichts der Schwere der Strafe auch andere Voraussetzungen erfüllt sein. Die Ausgangslage bildet die Einschätzung des Gerichts, dass die verurteilte Person keine weiteren Straftaten begeht.
Wird eine verurteilte Person wegen guter Führung vorzeitig entlassen, ist ebenfalls eine Bewährung für einen bestimmten Zeitraum nach der Haft angesetzt. Die Bewährungshilfe kontrolliert das Verhalten der Person, wobei durch Resozialisierung einem rechtswidrigen Handeln vorgebeugt werden soll.
Bedingte Strafe
Eine bedingte Strafe ist eine Strafe, bei der das Gericht die Vollstreckung der Strafe aufschiebt und der verurteilten Person bestimmte Bedingungen auferlegt. Wenn die verurteilte Person diese Bedingungen erfüllt, wird die Strafe nicht vollstreckt. Wenn sie jedoch gegen die Auflagen verstösst, kann die Strafe vollstreckt werden. Eine bedingte Strafe ermöglicht es der verurteilten Person, eine Haftstrafe zu vermeiden, wenn sie sich während der Bewährungszeit gut verhält und die gestellten Anforderungen erfüllt.
Unbedingte und teilbedingte Strafe
Eine unbedingte Strafe ist eine Strafe, bei der die Vollstreckung sofort nach der Verurteilung erfolgt, ohne dass die verurteilte Person die Möglichkeit hat, die Strafe aufzuschieben oder unter bestimmten Bedingungen zu erfüllen. Bei einer unbedingten Strafe muss die verurteilte Person die Strafe in Form von Freiheitsentzug, Geldstrafe oder einer anderen Sanktion direkt antreten oder bezahlen. Im Gegensatz zur bedingten Strafe gibt es bei einer unbedingten Strafe keine Bewährungszeit oder Auflagen, die erfüllt werden können, um die Strafe zu vermeiden oder zu reduzieren.
Teilbedingte Strafe
Bei der teilbedingten Freiheitsstrafe wird ein Teil der Strafe bedingt (aufgeschobener Teil), der andere Teil unbedingt (vollziehbar) ausgesprochen. Der unbedingte Teil wird vollzogen, der bedingt ausgesprochene Teil wird unter Ansetzung einer Probezeit aufgeschoben.
Geschlossener Vollzug
Die Strafverbüssung erfolgt im geschlossenen Vollzug, wenn die Gefahr besteht, dass die verurteilte Person flieht oder erneut straffällig wird. Geschlossene Vollzugseinrichtungen sind von Umschliessungsmauern umgeben. Im Kanton Zürich stehen geschlossene Vollzugsplätze im Gefängnis Affoltern a. A. und der JVA Pöschwies zur Verfügung.
Offener Vollzug
Im offenen Vollzug werden Freiheitsstrafen vollzogen, wenn angenommen werden kann, dass die beschränkten Aufsichts- und Kontrollmöglichkeiten ausreichen, um eine Flucht oder eine neue Straftat zu vermeiden. Im Kanton Zürich bietet das Vollzugszentrum Bachtel offenen Vollzug an.
Halbgefangenenschaft
In der Halbgefangenschaft verbringt die verurteilte Person die Ruhe- und Freizeit in einer Institution des Freiheitsentzugs. Tagsüber geht sie einer geregelten Arbeit, einer Beschäftigung oder einer Ausbildung ausserhalb der Institution des Freiheitsentzugs nach. Mit dieser Vollzugsform ermöglichen die Strafvollzugsbehörden den Verurteilten, in ihrem beruflichen und sozialen Umfeld zu verbleiben. Im Kanton Zürich können verurteilte Frauen und Männer in der Halbgefangenschaft Winterthur Freiheitsstrafen oder teilbedingte Freiheitsstrafen bis zu 12 Monaten verbüssen.
Busse
Die Busse ist eine Strafe in Form eines fixen Geldbetrags. Bei der Busse ist der bedingte Strafvollzug nicht möglich. Sie muss in jedem Fall bezahlt werden. Für den Fall, dass eine Person die Busse nicht bezahlt, legen die Gerichte bereits im Urteil eine Ersatzfreiheitsstrafe von mindestens einem Tag und höchstens drei Monaten fest.
Geldstrafe
Die Geldstrafe setzt sich aus einer bestimmten Anzahl Tagessätze zu einem bestimmten Geldbetrag zusammen. Die Anzahl der Tagessätze ist abhängig von der Straftat, für die ein Gericht eine Person verurteilt. Die Höhe eines einzelnen Tagessatzes legt es aufgrund der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der verurteilten Person zum Zeitpunkt des Urteils fest (Einkommen, Vermögen, Lebensaufwand, Unterstützungspflichten, Existenzminimum).
Ersatzfreiheitsstrafe
Wenn die verurteilte Person die Geldstrafe innerhalb der durch die Behörde festgelegten Frist (ein bis sechs Monate) nicht bezahlt und wenn die Behörden die Zahlung auf dem Betreibungsweg nicht erzwingen können, tritt an die Stelle der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe. In diesem Fall entspricht ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe.
Nützliche Links
team72, Infostelle Angehörige
Perspektive Angehörige und Justizvollzug
Comeback, Seelsorge für Haftentlassene
Amt für Justizvollzug und Wiedereingliederung (JuWe)